In den 50er Jahren errichteten die USA auf dem Berliner Teufelsberg eine Abhörstation. Die NSA spionierte von hier den Warschauer Pakt aus. Seit der Jahrtausendwende ist die Anlage verlassen. Viele Geheimnisse wurden bereits gelüftet – doch nicht alle.
“The Hill” – so nannten die US-Soldaten den Teufelsberg, nachdem dort eine Abhörstation der NSA errichtet wurde. Spätestens seit dem Mauerbau im August 1961 kam der Anlage eine zentrale Bedeutung bei der Ausspionierung der DDR und anderen Mitgliedern des Warschauer Paktes zu.
Die geheime Station war während des Kalten Krieges ein Teil des weltweiten Echelon-Netzwerkes und gleichzeitig der wichtigste Standort in diesem Verbund. Der Grund: Sie lag in West-Berlin. Rund 100 Kilometer konnte von dort in das Gebiet der Sowjetunion gelauscht werden. Diese Reichweite wurde aufgrund ihrer Lage von keiner anderen Station an der innerdeutschen Grenze erreicht.
In den frühen 90er Jahren verließen die Amerikaner die Station. Der Zusammenbruch der Sowjetunion und die Auflösung des Warschauer Paktes machten einen weiteren Betrieb der Anlage überflüssig – denn der Kalte Krieg war Geschichte. Die NSA entkernte die Gebäude vollständig und nahm die Technik, sowie die Akten mit – die gesammelten Informationen werden bis heute (Stand: Januar 2017) von Washington unter Verschluss gehalten. Das wird auch bis zum Jahr 2022 so bleiben.
Bis 1999 wurde die Radarstation noch zur zivilen Luftüberwachung unter deutscher Leitung benutzt. Seitdem verfällt das gesamte Areal und wurde Opfer von starkem Vandalismus.
Unter dem Berg liegt ein dunkles Kapitel
Nicht nur die Abhöranlage, sondern sogar der Berg selbst ist das Produkt eines Krieges. Der Teufelsberg ist ein Trümmerberg. Er entstand nach dem Zweiten Weltkrieg aus Schutt des zerstörten Berlins. Bis in die frühen 70er Jahren wurde er aufgeschüttet – insgesamt 26 Millionen Kubikmeter. Der Teufelsberg war bis Januar 2015 die höchste Erhebung von Berlin. Dann wurde festgestellt, dass die Arkenberge in Blankenburg (Höhe: 120,7 Meter) etwas größer waren.
Auch der Ort des Berges ist von geschichtsträchtiger Bedeutung. An seiner Stelle stand bis zur Aufschüttung die Wehrtechnische Fakultät aus dem “Dritten Reich”. Sie war im Zuge der “Germania”-Planungen von Adolf Hitler und Albert Speer Ende der 30er Jahre gebaut worden und stellte den Auftakt für eine geplante Hochschulstadt im Grunewald dar. Allerdings kam das Gebäude kriegsbedingt nicht über den Rohbau hinaus – 1940 wurde das Projekt gestoppt.
Ein geheimer Bunker: Mythos oder Wahrheit?
Seit langer Zeit hält sich ein hartnäckiger Mythos über die Abhörstation. Laut diversen Quellen soll die Ruine der Wehrtechnischen Fakultät von der Amerikanern als Bunkeranlage wieder in Betrieb genommen worden sein. Im Falle eines sowjetischen Angriffs – so die Theorie – hätten die Mitarbeiter durch einen Tunnel in diese unterirdischen Räume flüchten können.
Hinter dem Mythos steckt allerdings kein Funken an Wahrheit: Zum einen haben die Amerikaner bei der Überlassung des Geländes keinerlei Informationen über eine Bunkeranlage angegeben. Zum anderen ist bis heute kein Zugang zu einem Bunker oder ähnlichen unterirdischen Räumen entdeckt worden.
Die Abhörstation heute
Seitdem der Betrieb im Jahre 1999 eingestellt wurde, ist die Abhörstation der wohl berühmteste “Verlassene Ort” der Hauptstadt. Die Anlage wurde durch starken Vandalismus stark beschädigt. Die Stockwerke des Hauptgebäudes sind mit Graffiti-Kunst übersäht.
Darüber hinaus befindet sich auf dem gesamten Areal eine große Menge an Schrott (Autos, Bagger uvm.), der wohl schon seit Jahrzehnten dort liegt.
Mittlerweile ist das gesamte Gelände für die Öffentlichkeit zugänglich. Dabei kann es frei (Stille Begehung) oder im Rahmen einer historischen Führung erkundet werden. Eine Tour lohnt sich definitiv.
Zum Preis von 8 Euro können sich Besucher von 10 Uhr bis Sonnenuntergang legal auf dem Gelände und in einigen Gebäuden bewegen – und dabei entdeckt jeder mehr, als er vor dem Besuch denkt.
Wichtiger Tipp: Beim Aufstieg im Treppenhaus zur höchsten Kuppel sollte jeder Besucher eine Taschenlampe (oder das Smartphone) zur Beleuchtung nehmen – denn das letzte Stockwerk ist völlig dunkel. Mancher Besucher hat hier wohl schon gedacht, dass es gar nicht weiter geht, weil der Zugang gesperrt ist.